Mythen über batterie-elektrische Fahrzeuge – busted!

Mythen über batterie-elektrische Fahrzeuge – busted!

Mythen und Missverständnisse über die batterie-elektrische Mobilität sind auch 2022 noch weit verbreitet. Reichweitenangst bis hin zum kollabierenden Stromnetz – Bosch-Experte Dirk Brinkmann stellt diese Mythen auf den Prüfstand.

Ist der Akku leer bevor ich am Ziel ankomme?

Viele Personen verbinden mit Elektroautos geringe Reichweiten, doch stimmt das wirklich und welche Reichweiten werden tatsächlich benötigt?

Acht von zehn Autofahrern in Europa legen pro Tag weniger als 100 km zurück, das hat eine veröffentlichte Studie gezeigt, die das Fahrverhalten von über 600.000 Nutzern in Europa untersucht hat. [1]

Die Mehrzahl neuer Elektrofahrzeuge erreichen mittlerweile realistische Reichweiten zwischen 250 und 500 Kilometern. [2]

Hinzu kommt, dass sich die Reichweiten weiterhin steigen werden. Die Gründe dafür liegen in der verbesserten Batterietechnologie und effizienteren Antrieben, wie beispielsweise in dem Einsatz von Silizium-Carbid bei Invertern.

Wo kann ich mein Fahrzeug laden?

Über 80% aller Ladevorgänge finden zu Hause statt. [3]

Jedoch hat nicht jeder zukünftige Nutzer eines Elektroautos die Möglichkeit an einer heimischen Wallbox oder Steckdose zu laden. Deswegen ist der Ausbau von Ladepunkten am Arbeitsplatz, in Mehrfamilienhäusern oder beim Einkaufen wichtig.

Hier tut sich etwas. Über 370.000 öffentliche Ladestationen gibt es bereits in Europa. [4] Experten gehen davon aus, dass es auch bei einem beschleunigtem Wachstum and BEV-Neuzulassungen 2025 und 2030 in Europa genügend öffentliche Ladestationen geben wird. [5]

Hinzu kommt der Bedarf für das Schnellladen an Autobahnen. Während Italien bisher bei durchschnittlich 2 Schnellladepunkten pro 100 km liegt, ist das United Kingdom mit durchschnittlich 8 Schnellladepunkten pro 100 km ein Positivbeispiel. Aber auch hier tut sich etwas. Seit 2019 haben sich die öffentlichen Schnelladestationen in Europa nahezu verdoppelt. [4]

Was passiert mit den Batterien wenn sie immer wieder ge- und entladen werden?

Viele kennen die Situation mit ihren Smartphone-Akkus. Nach zwei bis drei Jahren ist die Akkukapazität deutlich gesunken.

Das lässt sich hingegen nicht eins zu eins auf die Batterie eines Elektroautos übertragen. Den Beweis dafür liefern viele Automobilhersteller selbst, indem sie Endkunden eine Garantie auf bis zu 70 Prozent der Restkapazität des Akkus nach acht Jahren bzw. 160.000 gefahrenen Kilometern geben. Und auch danach funktioniert die Batterie noch über Jahre. [6]

Wie steht es um den CO2-Fußabdruck von batterie-elektrischen Fahrzeugen?

Bosch-eigene Studien zeigen, dass ein batterieelektrisches Fahrzeug 20-30% weniger CO2 über seinen gesamten Lebenszyklus ausstößt als ein vergleichbares Fahrzeug mit Verbrennungsmotor. Dafür zu Grunde gelegt sind der deutsche Strommix, inklusive Produktion und Recycling.

Im Jahr 2030 geht Bosch davon aus, dass sich die CO2-Bilanz weiter zu Gunsten des Elektroautos verschieben wird. Dann wird ein neues Elektroauto circa 40% weniger CO2 verursachen. Hier gilt aber vor allem: Je grüner der Strommix wird, desto grüner werden Elektroautos. [15]

Wenn jeder ein Elektrofahrzeug fährt, bricht dann das Stromnetz zusammen?

Stand Februar 2022 rollen über eine Million Elektrofahrzeuge über Deutschlands Straßen. [7] [8]

Das Stromnetz wird auch bei einem beschleunigtem Wachstum an BEV nicht kollabieren. Deutschland bspw. hat allein im Jahr 2020 18 Terrawattstunden an Energie exportiert. Damit hätten theoretisch sechs Millionen Elektroautos geladen werden können. [9]

Korrekt ist aber, dass das Stromnetz modernisiert und intelligent werden muss, gerade wenn es darum geht mögliche Lastspitzen bestmöglich zu steuern.

Das Frauenhofer Institut bringt es dazu auf den Punkt: "Würden alle rund 45 Millionen Pkws in Deutschland batterieelektrisch fahren, dann stiege die Stromnachfrage um circa 20 Prozent." [10] Der Anstieg erfolgt aber nicht von heute auf morgen.

Auch wenn am Abend alle Nutzer ihr Elektrofahrzeug komfortabel an die Wallbox anstecken, bricht das Netz – dank intelligentem Lademanagement – nicht zusammen. [11]

Sind batterie-elektrische Fahrzeuge nicht zu teuer?

Im Gesamtkostenvergleich sind Elektroautos bereits heute dank geringerem Wartungsaufwand, Steuervorteilen und niedrigeren Energiekosten günstiger als Verbrenner. Der hohe Anschaffungspreis bei Elektroautos wird noch durch umfangreiche Subventionen in vielen Ländern kompensiert. So gibt es Kaufprämien von bis zu 9.000 Euro beim Kauf eines Elektroautos. [12]

Diese Anreize werden in ein paar Jahren allerdings nicht mehr notwendig sein, da Skaleneffekte durch die Massenproduktion, fallende Batteriepreise und technologischer Fortschritt batterie-elektrische Fahrzeuge günstiger werden lassen als vergleichbare Fahrzeuge mit Verbrennungsmotor. Bosch-Prognosen rechnen damit, beginnend bei kleineren Fahrzeugklassen, im Jahr 2025.

Wie nachhaltig sind batterie-elektrische Fahrzeuge im Bezug auf Ressourcen?

95% der eingesetzten Funktionsmaterialien wie z.B. Kobalt, Nickel und Kupfer einer Batterie sind recyclebar. [9] Auch Lithium kann mittlerweile zurückgewonnen werden, dies gestaltet sich aufgrund von aktuell günstigen Rohstoffpreisen als nicht wirtschaftlich. [13]

Darüberhinaus ist eine Batterie nach ihrem ersten Lebenszyklus im Fahrzeug weiterhin kein Fall für den Sondermüll. Mit den verbleibenden 70-80% an Restkapazität lassen sich die Batterien für ein Zweitleben in industriellen Anwendungen, beispielsweise als stationärer Batteriespeicher, oder integriert in Schnellladesäulen verwenden. [14]

Dank des technischen Fortschritts werden immer weniger Rohmaterialien für dieselbe Batteriekapazität notwendig sein. Neuere Batterie-Generationen werden weniger Kobalt benötigen oder gar komplett darauf verzichten können.